Schon lange zuvor, im Jahr 1540, stand an dieser Stelle ein früheres Ratsgebäude, das zwei Ratsstuben sowie eine Wohnung für den damaligen Stadtschreiber Wilhelm Kremer beherbergte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in den Jahren 1903 und 1904, wurde das Rathaus nach Westen erweitert. Diese Erweiterung entstand unter der Leitung eines Architekten aus Trier und fügte sich harmonisch in das bestehende Ensemble ein. Noch heute gilt das Gebäude mit seinem markanten Marktgiebel als eines der herausragenden Schmuckstücke des Bernkasteler Marktplatzes.
Die Fassade des Rathauses gilt als prächtiges Beispiel der deutschen Spätrenaissance. Besonders auffällig ist das Wappen des Erzbischofs Lothar von Metternich, der als Gönner und Förderer des Baumeisters Hoffmann gilt, dem das Werk vermutlich zugeschrieben wird. Das Wappen zeigt die charakteristischen drei Muschelschalen und das kurtrierische Kreuz und befindet sich gemeinsam mit dem Bernkasteler Stadtwappen am reich verzierten Rathauserker auf der Außenseite. Dieser Erker, der in seiner Form einer kunstvollen Renaissance-Monstranz ähnelt, ruht auf einer einzelnen Basaltsäule, die vor dem zentralen Stützpfeiler des Erdgeschosses steht.
Im Erdgeschoss selbst öffnen sich zu beiden Seiten dieser Erkersäule je ein Rundbogen, Überreste der ursprünglich offenen Halle. Einst diente die linke Hälfte dieser Halle als Spritzenhaus der Feuerwehr, während die rechte Hälfte die städtische Mehlwaage beherbergte. Am linken Eckpfeiler befand sich zudem der historische Pranger. Hier wurden Übeltäter einst mit Ketten und Handschellen an den öffentlichen Schandpfahl oder die Schandsäule gefesselt. Noch heute zeugen die eingemeißelten Worte „Hochgerichtliche Straff“ und „Bürgerliche Züchtigung“ von dieser düsteren Funktion des Ortes und erinnern an die Rechtspraxis vergangener Zeiten.